Extremwetterereignis
Diesem Begriff liegt keine präzise Definition zugrunde. Ein Extremereignis beschreibt ein „außerordentliches“ Ereignis, d. h. dass es verglichen mit anderen Ereignissen seiner Art von bestimmten Durchschnittswerten abweicht und eine sehr lange, unregelmäßige Wiederkehrperiode besitzt. Dabei muss die Mittelungszeit angegeben werden, bspw. Tages , Monats-, Jahresmittelwerte oder -summen oder kürzere Mittelungszeiten von einer Stunde. Zu Extremwetterereignissen zählen lange Dürreperioden sowie sehr hohe Niederschlags- und Abflussmengen. Die Begriffe „extrem“ und „sehr selten“ sind dabei nicht klar definiert.
Der IPCC definiert ein Wetterereignis als „extrem“, wenn es sich nicht zwischen dem 10. und 90. Perzentil der beobachteten Wahrscheinlichkeitsverteilung befindet (IPCC 2007). In den „UK Climate Projections“ (UKCP09) wird der Bereich auf <1. bzw. >99. Perzentil eingeschränkt bzw. es wird eine Wiederkehrperiode von 100 Tagen verwendet. Die Arbeitsgruppe des Long-Term Ecological Research (LTER) verwendet eine ähnliche Definiton: Extreme klimatische Ereignisse sind statistisch selten in ihrer Wiederkehr, Größe und/oder Dauer. Die Fähigkeit Extremereignisse zu erkennen und zu kategorisieren, hängt von der Länge der zuverlässigen Beobachtungsdaten ab (GOODIN 2004).
In der Wasserwirtschaft bzw. in der Raum- und Fachplanung spielt die Wiederkehrzeit eine wichtige Rolle, da diese zur Bemessung von Bauwerken herangezogen wird. In Abhängigkeit des Bauwerks und der zu betrachtenden Extremereignisse werden jedoch sehr unterschiedliche Wiederkehrzeiten verwendet. Diese können vom fünfzigjährigen über dreihundertjährige bis zu fünfhundertjährigen Ereignissen reichen BIRKMANN et al. (2011). Bei einigen Staudamm-Projekten, wie dem EU-Projekt RESCDAM (Development of Rescue Actions Based on Dam-Break Flood Analysis) wurden sogar Flutsituationen mit einer Wiederkehrzeit von 10.000 Jahren simuliert (http://www.anpassung.net).
Da „Extremwetter“ bei absoluter Betrachtung einen starken räumlichen Bezug aufweisen und von Ort zu Ort stark variieren können, ist es notwendig zur Bewertung immer Bezugsgrößen anzugeben. Ein Ereignis, das lokal auf Grund der Wiederkehrperiode und der verursachten Schäden als extrem eingestuft wird, kann überregional in den statistischen Normalbereich fallen, da sich die Wiederkehrperiode deutlich verkürzt hat: Im nationalen Maßstab (hier Schweiz) stellen die Windspitzengeschwindigkeiten des Wintersturms Lothar ein Extremereignis mit einer Wiederkehrperiode von 20 – 100 Jahren dar. Dagegen handelt es sich im internationalen Maßstab (hier: Europa) lediglich um ein starkes Ereignis mit einer Wiederkehrperiode von deutlich unter 10 Jahren (http://www.occc.ch).
Obwohl Extremwetterereignisse nicht zwangsläufig zu Schäden führen müssen, werden sie von der Gesellschaft jedoch immer mit größeren sozialen und ökonomischen Schäden in Verbindung gebracht. Häufig werden Extremereignisse deshalb auch mit Naturgefahren gleichgesetzt (http://www.occc.ch), obwohl sie oft nur den Auslöser einer Naturkatastrophe darstellen. So können eine lang anhaltende Trockenheit zu Waldbränden bzw. Starkniederschläge zu Überschwemmungen oder großflächigen Hangrutschungen führen. Bei dem Elbehochwasser 2002 handelt es sich z. b. um eine Naturkatastrophe. Die Ursache für das „Jahrhunderthochwasser“ war eine seltene „Vb-Wetterlage“, bei der ein Tiefdruckgebiet von Italien über die Po-Ebene hinweg um die Alpen herum nordwestlich über Österreich und Polen zog und zu heftigen Niederschlägen mit extremen Niederschlagsmengen führte.
Infolge von Klimaänderungen wird jedoch erwartet, dass sich die Wahrscheinlichkeitsverteilung für Extremereignisse und damit ihre Wiederkehrperiode (Jährlichkeit) sowie das jeweilige Ausmaß verändern. Folglich kann es zu einer Veränderung von Ausmaß und Häufigkeit der Ereignisse kommen. Einzelne Extremereignisse können jedoch nicht direkt einer anthropogenen Klimaänderung zugeordnet werden, da immer eine begrenzte Chance besteht, dass das betreffende Ereignis auch natürlicherweise hätte auftreten können (http://www.klima-und-raum.org).
Hinweis: Bei der Verwendung des Begriffs Extremereignis sollte sowohl die Wiederkehrrate, der Betrachtungsmaßstab und wenn möglich das Schadenspotential genannt werden, um das Ereignis vollständig und transparent als Extremereignis klassifizieren zu können.
Quellen (Stand: 15.04.2012)
BIRKMANN, J., BÖHM, H. R., BUCHHOLZ, F., BÜSCHER, D., DASCHKEIT, A., EBERT, S., FLEISCHHAUER, M., FROMMER, B., KÖHLER, S., KUFELD, W., LENZ, S., OVERBECK, G., SCHANZE, J., SCHLIPF, S., SOMMERFELDT, P., STOCK, M., VOLLMER, M., WALKENHORST, O. (2011): Glossar Klimawandel und Raumplanung. E-Paper der ARL Nr. 10. Hannover.
GOODIN, D.G. (2004) Climate Committee Takes Aim at Extreme Climatic Events. The Network Newsletter Vol. 17 No.2 Fall 2004. http://intranet.lternet.edu/archives/documents/Newsletters/NetworkNews/fall04/fall04_pg09.htm
IPCC – Intergovernmental Panel on Climate Change (2007): Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger. In: M. L. Parry, O. F. Canziani, J. P. Palutikof, C. E. Hanson and P. J. van der Linden (eds.): Klimaänderung 2007 Auswirkungen, Anpassung, Verwundbarkeiten. Beitrag der Arbeitsgruppe II zum Vierten Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderung (IPCC), 22 S.
Zurück zum Inhaltsverzeichnis